A woman stands in front of a wall and explains something with notepads to four sitting people

Vertrieb: So gelingt Technical Sales

Tipps & Tricks von den zwei Köpfen hinter der MasterClass für technischen Vertrieb

In der MasterClass für Technical Sales lernen Vertriebstalente von Microsoft Partnern moderne Techniken, um Kunden zu begeistern und auch digital zu überzeugen. Joris Kalz (Partner Technical Architect, Microsoft Deutschland) und Martin Marx (Coach für Digitale Kommunikation & CEO Die Lernfuturisten) haben die MasterClass gestaltet und im Gespräch ihre Erfahrungen, Tipps und häufige Fehlerquellen im digitalen Vertrieb verraten:

Was sind eurer Erfahrung nach die größten Hürden bei Projektentwicklungen mit Kunden?

Joris: „Digitalisierungsprojekte verändern die Arbeitsweise von Mitarbeitenden stark. Umso wichtiger ist es, dass dieser Veränderungsprozess kommunikativ begleitet und durch die Führungsebenen mitgetragen wird. Beim Envisioning, der Ideenfindung, können Projekte sonst schnell durch Personen ausgebremst werden, die keinen Vorteil in der Veränderung sehen und aktiv dagegen arbeiten.“

Martin: „Falsches Erwartungsmanagement und eine unklare Rollenverteilung bremsen Projekte schon zu Beginn aus. Im Vorfeld sollte ein „Exit-Champion” bestimmt werden, der das Projekt kritisch begleitet und die Reißleine zieht, wenn es aus dem Ruder läuft. Werden nämlich unrealistische Budget-Versprechen gemacht oder die Zielvorstellungen nicht richtig gesetzt, kommt es schnell zu einem Ungleichgewicht zwischen Stakeholdern und Projektverantwortlichen. Meine Erfahrung ist: Es ist ein kapitaler Fehler, den Kunden das Blaue vom Himmel zu versprechen.“

Wie lassen sich aus eurer Sicht die Prozesse zur Ideenfindung am besten strukturieren?

Joris: „Wenn ich den Gipfel eines Berges erreichen möchte, habe ich das Ziel immer vor Augen. Bei Innovationen ist es anders. Hier geht es eher darum, den tiefsten Punkt in einem trüben See zu finden. D.h. ich muss viele Messungen durchführen, um mich dem unbekannten Ziel zu nähern. Bei der Ideenfindung hat sich bewährt, anfangs möglichst viele Ideen, egal welcher Qualität, zu generieren. Mithilfe von Bewertungstools können dann die Ideen geordnet und vielversprechende am besten direkt erprobt werden.“

Martin: „Kreativität funktioniert nach einem klaren Muster und gibt daher die beste Struktur, PIEVI abgekürzt:

  1. Preparation (Vorbereitung): Um kreativ zu arbeiten, brauchen Beschäftige Fachwissen. Sie müssen zum Beispiel wissen, wie welcher Prozess abläuft, was gut funktioniert und was nicht.
  2. Inkubation (Einarbeitung): Unterschwellig sucht der Geist nach Assoziationen, um Probleme zu lösen und auf Ideen zu kommen. Hier hilft es, die Ideen z.B. auf einem Whiteboard festzuhalten, um sie später zu strukturieren.
  3. Envisioning (Ausgestaltung): Die Lösung nimmt Form an und wird immer klarer.
  4. Valuation (Abschätzung): Die Ideen werden kritisch bewertet.
  5. Implementation (Umsetzung): Die Idee wird umgesetzt.

Punkt 5 wird leider oft nicht mitgedacht, ist aber essenziell, denn: Gute Ideen haben viele Menschen, sie in die Tat umzusetzen ist das Schwierige!“


Auf welches Tool möchtet Ihr beim Envisioning nicht mehr verzichten?

Joris: „Ein methodisches Vorgehen, auf das ich nicht mehr verzichten möchte, ist Ideen nach Priorität und Umsetzungsaufwand zu klassifizieren. Damit kann ich schnell eine Umsetzungs-Roadmap entwickeln und die nächsten Schritte ableiten. Und natürlich möchte ich nicht mehr auf digitale Whiteboards verzichten, die alles direkt dokumentieren und alle nachträglich einsehen können. Damit spare ich mir viel Zeit.“

Martin: „Digitale Whiteboards! Absolut! Alle kommen zusammen, alle sind inkludiert, alles passiert an einem Ort, alle können mitprotokollieren.“


„Wenn ich den Gipfel eines Berges erreichen möchte, habe ich das Ziel immer vor Augen. Bei Innovationen ist es anders. Hier geht es eher darum, den tiefsten Punkt in einem trüben See zu finden.“ (Joris Kalz)


Veränderungen sind bei Kunden oft noch ein Angstthema. Wie lässt es sich positiv besetzen?

Joris: „Digitalisierungsprojekte scheitern nicht an der Technologie. Oft entsteht Sorge vor Veränderung durch fehlende Kommunikation. Die frühzeitige Einbindung der Mitarbeitenden ist entscheidend, damit mit dem Projektabschluss direkt eine produktive Nutzung der neuen Systeme starten kann. Eine Customer Journey kann dabei alle Bereiche im Unternehmen zusammenbringen, da alle aus der Perspektive des Kunden auf diese Veränderung schauen. Silodenken tritt damit automatisch nach hinten.“

Martin: „Die Hauptaufgabe des Change Managements ist Mitarbeitende zu motivieren und sie auf die Reise mitzunehmen. Unter Veränderung verstehe ich daher vor allem die Vorbereitung von Veränderungsprozessen. Denn die größte Herausforderung ist nicht die Veränderung an sich, sondern wie sie umgesetzt werden soll. Daher: Einbinden, Vorschläge aus den eigenen Reihen fordern und fördern! Die besten Ideen hat die eigene Belegschaft, also muss man sie befähigen, mitzuwirken. Dann wird aus Angst Mitgestalten, aus Veränderung Wachstum. Mein Tipp: Kunden sollten eigene Change Agents benennen und in allen Bereichen etablieren.“

Oft ist Kunden selbst nicht klar, was ein sinnvoller nächster Schritt wäre. Worauf achtet ihr bei Kunden, um zu verstehen, was sie wirklich brauchen?

Joris: „Die Methode Personas zu erstellen, kann gut dabei helfen, die Bedürfnisse einer Zielgruppe besser zu verstehen und daraus Anforderungen abzuleiten. Eine Persona ist ein kreatives Tool, das lebt. Gerade im Team macht es Spaß, gemeinsam daran zu arbeiten.“

Martin: „Sogenannte ‚unscharfe Ziele‘ haben durchaus einen Mehrwert! Wir können nicht alles wissen, weil wir ja erst losgehen. Anstatt im Prozess zu denken, sollten man lieber in Missionen denken, die ein Ziel erreichen, das wiederum Start für die nächste Mission ist. Wird das verstanden, sind alle Schritte sinnvoll. Das Losgehen ist entscheidend. Nicht das genau geplante Ankommen. Das würde nur einschränken.“

Welche Fehler sind aus eurer Sicht typisch für eine missglückte Customer-Journey?

Joris: „Wenn versucht wird mehrere Personas in eine Customer Journey zu integrieren, verliert man den Fokus und die Diskussion gestaltet sich schwierig.“

Martin: „Der größte Fehler ist, keine Personas zu definieren oder sie nicht vollumfänglich zu beschreiben. Wenn nicht die Ziele des Kunden, sondern die Wünsche einiger Stakeholder Anklang finden, ist das eine weitere Falle. Und wenn man die Customer Journey nicht managt, also alles drumherum so gut wie gar nicht einbezieht, sondern sich lediglich auf die Journey bezieht. Feedbackrunden, Anpassungen, Interviews im Vorfeld… Da gehört eine Menge rein.“


„Das Losgehen ist entscheidend. Nicht das genau geplante Ankommen. Das würde nur einschränken.“ (Martin Marx)


Sprechen wir über Storytelling: Was ist aus eurer Sicht gelungenes Storytelling?

Joris: „Helden, Drama und Happy End! Das lässt sich sehr gut auf eine Präsentation übertragen und hilft, ein komplexes Thema auf den Kern zu reduzieren. Das macht auch viel mehr Spaß als eine technische Präsentation, in der nur Masken und Formulare präsentiert werden.“

Martin: „Wenn Gut gegen Gut antritt! Es gibt nichts Schlimmeres als Schema F wenn die Erzählung den ‚Bösewicht‘ schon vorwegnimmt. Ebenso, wenn das 3:1 Prinzip nicht eingehalten wurde: Wir nutzen maximal 25 Prozent Daten und Fakten. Der Rest ist eine Geschichte rund um diese Daten, die spannend und humorvoll erzählt wird. Ich will als Leser*in oder Hörer*in einen Konflikt erzählt bekommen, dessen weiteren Verlauf ich nicht kennen kann. Ich will neugierig darauf sein, wie es weitergeht. Erfahrungen und Weisheiten vor Technologie und KPIs!“

Kein Wunder, dass Storytelling für viele erstmal schwierig klingt. Gibt es ein paar Regeln, auf die ich achten sollte, um nicht baden zu gehen?

Joris: „Storytelling in Verbindung mit einer Journey als roter Faden erleichtert mir die Darstellung ganz erheblich. Viele Fragen zur Struktur einer Demo ergeben sich dann ganz von selbst. Und tatsächlich kann auch nicht viel schief gehen. Im schlechtesten Fall sind die Zuhörenden genauso gelangweilt wie ohne Storytelling. Es kann also nur besser werden! Ich kann nur alle ermutigen es auszuprobieren!“

Martin: „‘You admire a character more for trying than for their success!’ Der Kompass muss sein, was interessant für die Zuhörenden ist und nicht für die vortragende Person. Was ist die Stärke meiner Software, meines Projekts? Nimm genau das Gegenteil und fordere ihn oder sie heraus. Das Schema einer guten Geschichte ist immer Held*in – Konflikt – Ziel – Repeat. Held*innen müssen dabei Empathie, Sympathie oder sogar Identifikation beim Publikum wecken. Diese Elemente machen eine Geschichte aus.“

Wenn Sie Lust darauf bekommen haben, für Ihren Technical Sales mehr über Storytelling und digitale Methoden zu erfahren, werfen Sie einen Blick in unser Handbuch “Digital Storytelling”. Unter den Weiterbildungsangeboten finden Sie immer wieder auch produktübergreifende Kurse zu Online-Präsentationen und kreativen Methoden. Schauen Sie rein und bringen Sie Ihren technischen Vertrieb auch digital nach ganz vorne!

Hier PartnerNews Newsletter abonnieren